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Sitze / Bänke / Polster

„Nanu, Sitze und Bänke kennt doch eigentlich jeder, was hat das Thema in einem Reisemobil-Ratgeber zu suchen?“ Im Prinzip ist der Gedanke schon richtig. Gerade unsere „sitzende Gesellschaft“ sollte sich mit dieser Thematik schon aus Praxissicht recht gut auskennen. Allerdings gibt es beim Reisemobil einiges zu beachten, wie man im Folgenden sehen kann.

Sitzmöglichkeiten und Personen

Zunächst einmal werfen wir einen Blick in die Zulassungspapiere. Dort finden wir die Angabe „Sitzplätze einschließlich Fahrersitz“ (Ziffer S.1). Wer vermutet, dass hier angegeben wird, wieviele Personen in das Fahrzeug passen, den müssen wir leider enttäuschen. Die eingetragene Zahl gibt tatsächlich konkret an, wieviele Personen maximal in diesem Wagen befördert werden dürfen, inklusive Fahrer versteht sich. Diese Zahl ergibt sich in technischer Hinsicht aus den im Kfz befindlichen Sitzen „mit Rückhaltevorrichtung“, dem Normalmenschen besser bekannt als Sicherheitsgurte. Im Alltagsgebrauch sprechen wir daher auch von sogenannten Gurtplätzen. Aussagen wie „…der ist für 4 Personen zugelassen“ meinen immer genau diese zulässige Personenbeförderungszahl.

Aber was ist mit Reisemobilen, die im Prospekt z.B. mit „Platz für bis zu 7 Personen“ beschrieben werden und tatsächlich auch 7 Sitzgelegenheiten anbieten (z.B. drehbarer Fahrer-/Beifahrersitz plus 3er-L-Sitzbank plus 2er-Seitensitzbank)? Tja, das ist schon recht trickreich, könnte man doch meinen, dass man mit dieser angegebenen Anzahl an Personen auch reisen darf. Weit gefehlt. Für eine spontane siebenköpfige Feier auf dem Campingplatz ist ein solches Mobil sicher geeignet, tatsächlich mitfahren dürfen aber nur so viele, wie Gurtplätze vorhanden sind. Eine z.B. fünfköpfige Familie muss folglich nach einem Reisemobil mit entsprechender Gurtsitzzahl (also hier mindestens 5) Ausschau halten, sonst wird das nichts mit dem entspannten Camping-Urlaub.

Besondere Aufmerksamkeit solltet Ihr Hecksitzgruppen schenken, da diese über Fahrer- und Beifahrersitz hinaus z.T. bis zu 8 Leuten Platz bieten, aber für gewöhnlich nur über zwei zusätzliche Gurtplätze verfügen (was in unserem Beispiel nur für eine Zulassung bis maximal 4 Reisende reichen würde).

Verlassen wir nun diesen ersten Stolperstein und wenden uns den verschiedenen Arten von Sitzen und Bänken zu.

Fahrerhaus

Beginnen wir mit den Sitzen, die wir auch aus dem PKW kennen, dem Fahrer- und dem Beifahrersitz. Bereits hier beginnen in unserem mobilen Domizil die ersten Unterschiede. „Drehbar oder nicht?“ ist hier eine entscheidende Frage. Spontan möchte man denken, dass Sitze, die mittels einer Drehkonsole zum Wohnraum hin gedreht werden können, immer von Vorteil sind, ersparen sie doch eine zusätzliche Sitzbank entgegen der Fahrtrichtung für die Sitzgruppe (Dinette) und damit Platz und Gewicht. Beide Kriterien sind richtig, aber es gibt zwei weitere Aspekte.

Zum einen bieten Drehsitze in der Regel keine Möglichkeit, sie mit der gegenüberliegenden Sitzbank zu ein oder zwei zusätzlichen Schlafmöglichkeiten umzubauen. Zum anderen verbleiben die Drehsitze auch in umgedrehtem Zustand immer zum großen Teil im Fahrerhaus. Das wiederum bedeutet, dass an kalten Tagen das Fahrerhaus, das durch die nicht isolierten Scheiben immer am kältesten ist, nicht abgetrennt werden kann (z.B. mit entsprechenden Schiebetüren). Die oft hinter den Drehsitzen angebrachten Trennvorhänge sind da kein wirklicher Ersatz (kalte Luft sinkt zu Boden!). Wer einen oder beide Nachteile nicht in Kauf nehmen möchte, greift daher besser zur vollwertigen Sitzgruppe mit zusätzlicher fester Sitzbank (Voll-Dinette).

Je nach Konstruktion des Wohnraum- und Fahrerhausbodens solltet Ihr unbedingt auf die Höhenverstellbarkeit der Fahrersitze achten (am besten auch mit einstellbarer Sitzneigung). Stufen zwischen Fahrerhaus- und Wohnraumboden können sonst nach dem Drehen der Sitze dazu führen, dass Ihr zu hoch oder zu niedrig am Tisch sitzt (je nachdem, welcher Boden höher oder tiefer liegt). Probiert das am besten einmal selbst im Fahrzeug aus, da kann man durchaus Überraschungen erleben!

Sitzgruppe / Dinette

Wer sich zunächst einen Überblick über verschiedene Arten von Sitzgruppen machen möchte, dem empfehlen wir einen kurzen Ausflug zu unserer Seite > Wohnmobil-Grundrisse. Dort ist erkennbar, dass es verschiedenste Zusammenstellungen und Anordnungen für den Wohn-/Essbereich gibt. Jede davon bietet Vor- und Nachteile, die wir wegen des erheblichen Umfangs hier nicht im Einzelnen ausführen wollen. Letztlich ist es ohnehin zum einen Geschmackssache, zum anderen aber auch sehr abhängig von den eigenen Vorlieben und Bedürfnissen, für welche Variante man sich am Ende entscheidet.

Zusätzlicher Stauraum

Empfehlen möchten wir auf jeden Fall, sich alle Sitze und Bänke immer einmal genauer anzusehen, und zwar nicht nur von oben. Oft finden sich vor allem in Sitzbänken ungeahnte Platzreserven für Fahrzeugaggregate oder zusätzliche Stauräume. Vom Batterie- oder Gasfach über Wassertanks oder Elektroschaltzentralen bis hin zu Schuhschränken oder Allzweck-Fächern findet man unter den Sitzmöglichkeiten erstaunliche Beweise des Erfindungsreichtums von Reisemobilkonstrukteuren.

Polsterung

Kein Sitz und keine Bank kommen ohne entsprechende Polsterung aus. Bei den Sitzen im Fahrerhaus ist da zunächst wenig anzumerken, diese werden in der Regel nach den Vorgaben des Reisemobil-Herstellers vom Fahrzeughersteller geliefert. Selten hat man als Kunde die Wahl, speziell geformte und gepolsterte Sitze, z.B. Pilotensitze mit mehr Seitenhalt oder einer Lordosestütze, zu bekommen. In höheren Preisklassen, vor allem bei integrierten Modellen, steigen die Chancen hierfür jedoch deutlich an, da dort oft Sitze von Drittherstellern verbaut werden. Wer ein preisgünstiges Reisemobil mit besseren Sitzen nachrüsten möchte, wird dafür in der Regel tief in die Geldbörse greifen müssen.

Variantenreicher kommen da die Polster der Wohnraumsitze und -bänke daher. Alleine die verschiedenen Wohnraumkonzepte mit den verschiedenen Formen und Arten von Sitzauflagen und Rückenteilen sind durchaus einen Blick wert. Da diese fast immer lose in die Sitzgruppe eingepasst sind (wenn nicht auch dort, wie gelegentlich zu sehen, Fahrersitze Verwendung finden), ergeben sich durch Umlegen oder eine abweichende Anordnung gelegentlich auch verschiedene kreative Möglichkeiten, sich seinen ganz persönlichen Sitzbereich zu schaffen. Nimmt man dann noch normale, vom heimischen Wohnbereich her bekannte Kissen hinzu, lässt sich schnell ein gemütlicher „Fernsehsessel“ oder ein rückenschonender Leseplatz in Eigenregie zusammenpuzzeln.

Optisch bieten gute Hersteller oft verschiedene Stoff-, Leder- und/oder Designvarianten an, unter denen man, sofern es sich um einen Neufahrzeugkauf handelt, wählen kann. Aber auch für den, der mit einem gebrauchten Reisemobil liebäugelt, muss ein unpassendes Design kein Ausschlusskriterium sein. Gute Sattler oder Polsterer verwandeln so manche altbackene Optik in wahre Schmuckstücke mit neuestem Design. Und das muss noch nicht einmal Unsummen kosten.

Für diejenigen, die ein wenig Geschick an der Nähmaschine und beim Umgang mit Möbelstoffen mitbringen, bieten sich als kostengünstige Alternative auch selbstgenähte Bezüge an, die man passgenau für die alten Polster herstellt. Auf der anderen Seite der Preisskala kommt auch der komplette Austausch der Polster in Betracht. Es gibt Spezialbetriebe, die Polster und entsprechende Bezüge maßgenau nach Euren Vorgaben anfertigen. Ihr seht, in manch altes Schätzchen lässt sich auf verschiedene Weise eine kleine Wohlfühloase zaubern, die das Alter des Gefährts durchaus vergessen lässt.

Bleiben zum Schluss die Reisemobil-Mieter. Da sie keine dauerhafte Nutzung anstreben, haben sie in Bezug auf Art und Optik der Sitzmöbel in der Regel eher geringe Ansprüche. Wenn´s nicht gefällt oder zu unbequem ist, nimmt man das gelassen in Kauf und mietet beim nächsten Mal halt ein anderes Modell. Man sieht, mieten hat in dieser Hinsicht durchaus Vorteile.