Gewichte

Verschiedene Gewichte beim Wohnmobil

Dieser Themenbereich sollte zu den ersten und grundlegenden Überlegungen gehören, die man vor der Anschaffung eines Reisemobils anstellt. Basis hierfür ist die Kenntnis oder Abschätzung des eigenen Nutzungsverhaltens. Verschiedene Gewichtsaspekte haben nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Gebrauch des Fahrzeugs.

Fahrerlaubnis

Eine erste Überlegung lautet: Welche > Fahrerlaubnis haben der oder die Fahrer? Bereits hieraus können sich Beschränkungen bzgl. des maximalen Gewichts ergeben. Eine kritische Grenze liegt bei einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) von 3.500 KG. Reisemobile bis zu diesem Gewicht dürfen praktisch von jedem PKW-Fahrer mit einem Führerschein der Klasse B (ehemals 3) gefahren werden. Zum Führen eines Mobils oberhalb dieser Grenze bis hinauf zu 7.500 KG (zGG) reicht die Fahrerlaubnis Klasse B ebenfalls, sofern sie vor dem Jahr 1999 erworben wurde. Wer seine Fahrprüfung erst nach diesem Zeitpunkt abgelegt hat, benötigt für Reisemobile über 3,5 Tonnen die Führerscheinklasse C / C1.

Was bedeutet das im Einzelnen? Die meisten Mobil-Urlauber werden wohl kaum zusätzlich zur Anschaffung des Fahrzeugs noch einen LKW-Führerschein einplanen. Von daher erklärt sich ganz logisch die weitaus größere Nachfrage nach Reisegefährten unterhalb der 3,5-Tonnen-Grenze. Wer ein Fahrzeug über 3,5 t fahren darf, sollte sich allerdings Gedanken darüber machen, welche Nachteile er dafür bereit ist, in Kauf zu nehmen:

  • Geschwindigkeitsbeschränkung von generell max. 100 km/h
  • Einhalten von Verbotsschildern, die für LKW gelten, also z.B. Überholverbot, Ein- oder Durchfahrten etc. (Zeichen 253, 277)
  • ab dem siebten Zulassungsjahr jährliche Hauptuntersuchung (TÜV)
  • Höhere Kfz-Steuer (in 200kg-Stufen)
  • Höhere Straßennutzungs-Gebühren (Maut etc.)
  • Mitführen einer zusätzlichen Warnleuchte
  • und ein paar Kleinigkeiten mehr

Warum um alles in der Welt sollte man sich also ein höhergewichtiges Reisemobil antun? Die einfache Antwort: um mehr Zuladungskapazität zu haben. Aber reichen denn nicht 3.500 KG völlig aus? Dazu müssen wir ein paar Berechnungen anstellen – und zwar solche, die auch einer Betrachtung in der täglichen Reisemobil-Praxis standhalten.

Zuladung

Zwei Dinge beobachtet man in der Reisemobil-Welt überall: zum einen die bunten Prospekte der Hersteller und Händler, die mit allen, z.T. auch ziemlich fragwürdigen Mitteln versuchen, das Leergewicht der Fahrzeuge kleinzurechnen. Das reicht von trickreich herausgerechneten Wasserfüllmengen (siehe weiter unten) bis hin zu Fahrzeugen, die ohne bestimmte Zusatzpakete (die natürlich nicht zum Leergewicht addiert wurden) gar nicht bestellbar sind. Zum anderen bedienen sich engagierte und praxisorientierte Hersteller lobenswerterweise immer neuerer Werkstoffe und Kniffe, um das Fahrzeuggewicht so niedrig wie eben möglich zu halten, ohne dabei die Stabilität und Sicherheit zu gefährden.

Unser dringender Rat: Glaubt nicht einfach alles, was Euch Prospekte oder findige Verkäufer erzählen! Rechnet oder fragt beharrlich nach – späteres Überladen kostet nicht nur Bußgelder, sondern mindert auch Eure eigene Sicherheit.

Lasst uns also einmal gemeinsam rechnen. Die mögliche Zuladung ergibt sich aus zulässigem Gesamtgewicht (zGG) abzüglich der landläufig als „Leergewicht“ bezeichneten „Masse in fahrbereitem Zustand“. Genaue Vorschriften, wie diese berechnet wird, findet man in der Straßenverkehrszulassungsordnung, kurz StVZO, und einigen DIN-Normen.

Um die „Problemzonen“ herauszuarbeiten, wollen wir mit Björn, Sandra und dem kleinen Max Müller, also mit einer 3-köpfigen Durchschnitts-Familie, ein praxistaugliches 3,5-Tonnen Reisemobil mit ein wenig alltagstauglicher Zusatzausstattung erwerben. In der Tabelle am Ende der Seite könnt Ihr alles nachvollziehen, los geht´s.

Ein hübsches Fahrzeug ist nach einiger Zeit gefunden. Auf dem Schild hinter der Frontscheibe ist ein Leergewicht von 2.800 KG ausgewiesen. Familie Müller ist begeistert, da hat man 700 KG Zuladung, das ist doch mehr als üppig. Schnell wird man sich über die Sonderausstattung einig – ein paar PS mehr, Tempomat, Markise, Fahrradträger, Radio, ein schöner Teppich im Wohnraum, was man halt so braucht – und unterschreibt den Kaufvertrag.

Die Müllers haben Glück, schon nach wenigen Wochen steht das fertige Reisemobil beim Händler. Björn ist neugierig: Was wiegt es denn nun im Auslieferungszustand? Direkt nach der Abholung geht´s zum TÜV auf die Waage – und Müllers staunen nicht schlecht: 3.060 KG. Statt der kalkulierten 700 KG Zuladung bleiben nur noch ca. 440 KG übrig. Was ist passiert?

Das angegebene Leergewicht bezieht sich natürlich nur auf das „nackte“ Fahrzeug ohne Zusatzausstattung. Inbegriffen sind lediglich ein zu 90% gefüllter Kraftstofftank, eine volle Gasflasche (auch wenn zwei vorgesehen sind), 75 KG für den Fahrer, ein voller Frischwassertank sowie ein paar weitere Kleinigkeiten. Wann ist ein Frischwassertank voll? Nun, bei dieser Angabe hat der Hersteller ein wenig getrickst, denn in den Papieren steht etwas von „20 Liter fahrtauglicher Befüllung“, obwohl 120 Liter in den Tank passen. Beim Befüllen muss man erst ein Ventil schließen, damit nicht nach 20 Litern alles durch einen Überlauf verschwindet. Tja, so tauchen im Prospekt halt 100 KG weniger Leergewicht auf. Auch andere Informationen wurden ein wenig „aufgehübscht“. Der Gesetzgeber erlaubt bezogen auf die Gewichtsangaben im Prospekt eine Toleranz von 5% – eigentlich um dem Hersteller gewisse notwendige Fertigungstoleranzen einzuräumen. Aber welcher Hersteller greift da nicht mal beherzt zum Taschenrechner, auch wenn es gar nicht nötig wäre? Fazit: 120 KG sind für die Sonderausstattung futsch, 140 KG gehen für die Toleranz drauf. Ärgerlich, aber nun nicht mehr zu ändern.

Egal, das passt schon, sagt sich Björn. Auf dem Heimweg tankt er voll (natürlich auch den Reservekanister), besorgt die zweite Gasflasche und beginnt zu Hause gleich mit der nötigen Grundausrüstung des Fahrzeugs: Wasser auffüllen, Kabeltrommel, Wasserschlauch und Ausgleichskeile in die Heckgarage, wo auch noch ausreichend Platz für das nötige Bordwerkzeug, die Campingmöbel und den Grill ist. Würde er das Reisemobil nun wiegen, käme die nächste Überraschung – das Auto ist nun 200 KG schwerer, mehr als gedacht. Bleiben noch etwa 240 KG, das sollte doch reichen, oder?

Zusammen mit Sandra geht´s nun innen weiter mit dem Beladen. Die Betten werden bezogen, Töpfe, Pfannen, Geschirr und allerlei andere Utensilien verschwinden in den Schränken, das Bad wird von der Zahnbürste bis zum Badetuch voll ausgestattet, Björns Notebook, Bücher und die Spielsachen von Max, Reiseapotheke und vieles mehr, was man halt so braucht, wird im Bauch des Wagens verstaut. Ups, die imaginäre Waage zeigt schon wieder rund 100 KG mehr an. Zum Glück bleiben noch rund 150 KG Reserve, da kann ja nichts mehr schiefgehen.

Am nächsten Tag soll die Reise endlich losgehen – 2 Wochen ans Meer, Max freut sich riesig. Also noch schnell die Klamotten und ein paar Vorräte verstaut und die drei Fahrräder auf dem Heckträger verzurrt. Nun wollen Müllers es wissen: Wie schwer ist ihr Mobil denn nun komplett? Bevor es auf die Autobahn geht, fahren die Drei nochmal bei der Waage vorbei – und können es nicht glauben: Mehr als 150 KG Übergewicht! Warum nur? Klar, die Fahrräder sind ganz schön schwer, Björn wiegt rund 30 KG mehr als die vorgegebenen 75 KG und Sandra und Max wiegen ja auch noch was.

Euch erscheint diese kleine Geschichte unrealistisch? Keineswegs, wir haben mit praxisgerechten Durchschnittszahlen gearbeitet und dabei etliches an sonstigen Dingen, die gewünscht oder vielleicht sogar notwendig sind, noch nicht einmal berücksichtigt – angefangen bei Kuscheltieren, Taschenlampen oder Regenschirmen über die Wander- oder Angelausrüstung bis hin zum Schlauchboot, der TV-/Satelliten-Anlage, der Solaranlage oder dem Vorzelt. Bedenkt bitte: Allein der Unterschied zwischen einem leichtgewichtigen Einzelreisenden und einer gutgenährten 4-köpfigen Familie kann schon mal an die 300 KG Unterschied ausmachen.

Natürlich ist unsere Schilderung nur beispielhaft und soll Euch keine Angst machen. Es gibt genügend vernünftig konzipierte Fahrzeuge, die für den Reisemobil-Alltag ohne weiteres tauglich sind. Lasst in unserer Beispielrechnung mal die 5%-Toleranz weg (die kann in wenigen Einzelfällen sogar mal anders herum ausfallen), setzt ein federleichtes Pärchen ohne Kind ans Steuer, fahrt nur mit dem nötigsten Frischwasser los (verbraucht ja auch weniger Sprit) und reduziert Kleidung, Zubehör und Vorräte auf erträgliche Werte, dann sieht die Welt schon sorgenfreier aus.

Aber leider, und auch das muss man offen aussprechen, gibt es in der 3,5-Tonnen-Klasse immer noch viel zu schwere Reisemobile, die man schon fast als für die Praxis fehlkonstruiert bezeichnen könnte – zumindest wenn sie sich familientauglich nennen. Ganz ohne Wiegen und Rechnen kommt man tatsächlich in den seltensten Fällen aus. Also zum Schluss noch einmal: Bleibt bei bunten Prospekten und allzu blumigen Verkaufsaussagen immer kritisch – den Ärger mit der Überladung habt am Ende Ihr und nicht der Verkäufer.

Aber nicht nur wieviel, sondern auch wie und wo man sein Hab und Gut im Reisemobil verstaut, ist wichtig. Mehr dazu auf der Seite > Richtiges Beladen.