Wer sein Reisemobil belädt, sollte zunächst einmal den wichtigsten Grundsatz beherzigen: Jedes Kilogramm zählt! Wieviel Ihr überhaupt zuladen dürft, ergibt sich aus der Differenz zwischen Leergewicht und zulässigem Gesamtgewicht. Näheres hierzu findet Ihr im Abschnitt > Gewichte.
Es ist immer die Summe, nicht zuletzt auch der vielen meist wenig beachteten Kleinigkeiten, die am Ende Probleme verursacht. Längerer Bremsweg, höherer Kraftstoffverbrauch, höhere Reifenabnutzung, stärkere Kurvenneigung, schlechtere Beherrschbarkeit in Gefahrensituationen, all das und einiges mehr hängt ursächlich mit dem Gewicht zusammen. Der Frischwassertank muss nicht immer randvoll sein, statt Porzellan darf das Geschirr ruhig aus Melamin sein, und die Vorräte müssen auch nicht immer für eine ganze Woche reichen – der erfahrene Reisemobilist weiß das und spart so einiges an überflüssigen Kilos. Aber nicht nur das Gewicht an sich, sondern auch wie und wo wir alles unterbringen, hinten oder vorne, links oder rechts, oben oder unten, spielt eine gewichtige Rolle.
Position und Verteilung
Ein Beispiel: Zulässiges Gesamtgewicht (zGG) eingehalten und trotzdem ein Bußgeld kassiert? Ja, so etwas gibt es. Wenn Ihr in eine Kontrolle geratet, wiegt die Polizei (oder das Ordnungsamt) einmal die Vorderachse und einmal die Hinterachse und bildet daraus die Summe, die das zGG ergeben. Neben diesem Wert sind aber auch die zulässigen Achslasten einzuhalten (findet man in den Kfz-Papieren).
Es kann also durchaus vorkommen (und das tut es gerade bei den großräumigen Heckgaragen oft!), dass Ihr z.B. auf der Vorderachse noch 250 KG Lade-Reserve habt, während die Hinterachslast 200 KG zu hoch ist. Fürs Gesamtgewicht würde es passen, bei den Achslastenaber leider nicht. Bei einer Kontrolle hilft dann nichts Anderes als umständliches Umladen, wenn das überhaupt möglich ist. Also: Auch das sinnvolle Verteilen der Beladung ist sehr wichtig.
Grundsätzlich gilt: Möglichst tief und möglichst in der Mitte (längs und quer). Bei jedem Fahrzeug bildet sich ein Schwerpunkt aus Eigengewicht und Zuladung. Die Position schwerer Einzelposten wie z.B. Motor, Kraftstoff- oder Wassertanks etc. könnt Ihr natürlich nicht beeinflussen, wohl aber die Positionen bei der Beladung. Je nachdem, wo Ihr Euer Hab und Gut unterbringt, verschiebt sich der Schwerpunkt. Liegt er weit hinten, wird die Hinterachse stark belastet, im umgekehrten Fall ist die Vorderachse benachteiligt, liegt er zu weit links oder rechts, neigt sich Ihr Reisemobil dauerhaft zu einer Seite, liegt er zu weit oben, leiden Straßenlage und Kurvenverhalten. Idealerweise liegt der Schwerpunkt unten in der Mitte des Fahrzeugs, dann sollten alle Fahrzeugsysteme perfekt funktionieren: Gutes Lenkverhalten, präziser Geradeauslauf, Beherrschbarkeit auch bei Gefahrensituationen (z.B. bei schnellen Ausweichmanövern), gleichmäßige Reifenabnutzung und vieles mehr.
Kennt Ihr eine Kinderwippe? Sitzt links von der Mittelachse ein schweres Kind, wird ein rechts sitzendes leichtes Kind nach oben befördert. Nicht anders verhält es sich bei den Achsen Eures Reisemobils. Hängt Ihr z.B. zwei E-Bikes samt Halter an die Rückwand, also etwa einen Meter hinter der Hinterachse, erleichtern diese rund 70 KG die Vorderachse bei einem ca. 7m langen Mobil um rund 15 KG. Berechnen könnt Ihr diesen Effekt mit Hilfe der mechanischen Hebelgesetze, die wir Euch an dieser Stelle ersparen möchten (interessierte Leser finden Formeln und Rechner dazu sicher im Netz). Ein schweres Heck hat also möglicherweise einen deutlichen Einfluss auf die Vorderachse und damit, gerade bei frontgetriebenen Fahrzeugen, auf Lenkverhalten, Traktion (Bodenhaftung der Reifen), Bremswirkung etc.
Zur besseren Lastverteilung haben die beiden Reisemobil-Piloten ihre Getränkekiste zwischen die Fahrersitze gestellt, der Hund sitzt gemütlich auf dem Schoß der Beifahrerin, die Schuhe stehen schwerpunktoptimiert unter dem Tisch hinter dem Fahrer. Das Kajak wäre in der Heckgarage gewichtsmäßig sehr ungünstig, also liegt es im Mittelgang zwischen Bad und Küche. Also, alles richtig gemacht? Mitnichten, denn keines der vorgenannten Objekte ist gegen Verrutschen gesichert. Im Falle eines Crashs werden all diese Dinge zu gefährlichen Geschossen und der Hund würde wohl schweren Schaden nehmen, wenn nicht noch schlimmer. Ganz wichtig: Keine losen Gegenstände im Reisemobil! Durch die Kräfte, die z.B. bei einem Auffahrunfall entstehen, kann selbst die herumstehende kleine Dose Tomatensuppe zum Todesgeschoss werden.
Haltet Euch vor Augen: Wenn Ihr mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h fahrt, ist die Tomatensuppe genauso schnell. Bei einem Fahrzeug-Aufprall wird der Wagen sofort gestoppt, die Dose aber nicht – die kommt dann mit unverminderter Geschwindigkeit (50 km/h) auf Euch zu! Das Aufprallgewicht einer 250g schweren Dose läge in diesem Fall bei ca. 15 kg, was knapp dem Gewicht eines vollen Bierkastens entspricht – wer möchte so etwas an den Kopf bekommen?
Außerdem: Alles was klappert, rollt, umkippt, herunterfällt etc. lenkt den Fahrer ab und vermindert die Fahrsicherheit zusätzlich. Kontrolliert also jedes Mal, bevor Ihr losfahrt, ob wirklich alles eingeräumt oder sonst an seinem Platz und fest verzurrt oder anderweitig gesichert ist.
An dieser Stelle noch zwei wichtige Ratschläge.
In Deutschland wird eine Überladung von bis zu 5% nur mit einer kostenfreien Verwarnung geahndet, selbst bei bis zu 10% sind es nur 10,00 €. Dieses „Polster“ nutzen etliche Reisemobil-Urlauber gerne aus. Wir raten dringend von einer solchen Praxis ab. Zum einen werden selbst Bagatell-Überschreitungen beim Gewicht im Ausland mit empfindlichen Geldstrafen belegt (z.B. in Spanien, Italien oder Frankreich). Zum anderen verändert eine Überladung immer die Fahr-Physik Eures Wagens, und zwar nicht zum Guten. Hinzu kommt, dass Ihr, solltet Ihr mit einem übergewichtigen Fahrzeug in einen Unfall verwickelt werden, fast immer mit drastischen Nachteilen bei der Schadensregulierung zu rechnen habt, auch wenn Ihr eigentlich schuldlos wart. Also, haltet die Gewichtsgrenzen ein, das schont Fahrzeug, Nerven und Geldbeutel.
Die Ladung drückt bei beiden Achsen immer auf die Federung. Selbst ohne Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts (Auflastung) lassen sich mit geeigneten nachträglich eingebauten Dämpfungssystemen (z.B. Luftfederung) die Fahrstabilität und der Fahrkomfort deutlich erhöhen. Auch wenn solche Lösungen oft nicht ganz billig sind, sind sie doch im Einzelfall eine Überlegung wert (siehe auch > Wohnmobil-Zubehör).
Auflastung
Solltet Ihr mit der Zeit merken, dass Ihr dauerhafte Probleme mit der Zuladung habt, so werdet Ihr möglicherweise um eine sogenannte Auflastung nicht mehr herumkommen. Dieser Erhöhung der zulässigen Achslasten und damit des erlaubten Gesamtgewichtes wird mit technischen Hilfsmitteln und einer anschließenden Eintragung in die Fahrzeugpapiere bewerkstelligt. Je nach Art der Federung Eures Reisemobils werden Federn ausgetauscht oder zusätzliche Federungselemente angebaut. Das reicht vom einfachen Tausch der Schraubenfedern bis hin zu luxuriösen Luftfederungssystemen, die noch weitere Vorteile bei den Fahreigenschaften bringen. Manchmal ist auch der Tausch der vorhandenen Felgen und Reifen notwendig, da beide nur für bestimmte Lasten zugelassen sind. All diese Maßnahmen reichen preislich von einigen Hundert bis hin zu mehreren Tausend Euro. Hinzu kommt die nötige Fahrerlaubnis („alte“ Klasse B bzw. neue Klasse C) und das Einhalten von einschränkenden Verkehrsvorschriften. Mehr dazu findet Ihr auf den Seiten > Gewichte und > Wohnmobil-Zubehör.
Ein solcher Schritt will also gut überlegt sein. Oft muss man tatsächlich genau abwägen, ob nicht doch eine vernünftige Reduzierung der Zuladung die bessere Lösung wäre. Ein kleiner Trost: Wenn Ihr Euer aufgelastetes Reisemobil später einmal gebraucht veräußern wollt, kann man die ursprüngliche 3,5-Tonnen-Grenze durch eine einfache Eintragung in den Fahrzeugpapieren wiederherstellen („Ablasten“), was die potentielle Zahl der Käufer dann wieder drastisch erhöht.
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